Zukunftsweisende Transformation: DB Fernverkehr & and dos Santos gewinnen BOLD Award

Jutta dos Santos Miquelino
January 26, 2024
Zukunftsweisende Transformation: DB Fernverkehr & and dos Santos gewinnen BOLD Award

Bold Awards Zeremonie in Venedig, März 2023 (von links): Steffen Renisch, Michaela Gisch, Ricardo dos Santos Miquelino, Jutta dos Santos Miquelino, Martin Jende

Martin Jende, Vorstand Personal und Arbeitsdirektor, Steffen Renisch, Leiter Qualifizierung Triebfahrzeugführer, beide DB Fernverkehr AG, Frankfurt am Main, und Jutta dos Santos Miquelino, Co-CEO and Partner, and dos Santos GmbH, Berlin

Die DB Fernverkehr AG hat gemeinsam mit der Transformationsberatung and dos Santos den renommierten BOLD Award in der Kategorie „Boldest Future of Work“ für ihren innovativen Ansatz zur Neugestaltung von Berufsbildern und Arbeitsplatzkonzepten der Lokführenden gewonnen.

Die Preisträger wurden von einem Fachpublikum aus 85 verschiedenen Ländern und einer hochkarätigen, international besetzten Jury gewählt. Die Auszeichnung wurde am 31. März 2023 bei der Zeremonie in Venedig verliehen und dort von den Autor*innen dieses Beitrags sowie Michaela Gisch (Leiterin Tf V bei DB Fernverkehr) und Ricardo dos Santos Miquelino (Co-CEO and dos Santos) begeistert entgegengenommen.

Entstehung und Hintergrund des Projektes

Das Projekt „Arbeitgeber der Zukunft“, welches seit 2018 im Rahmen der Strategie „Starke Schiene“ bei der DB Fernverkehr AG umgesetzt wird, startete, als Martin Jende (damals Leiter der Triebfahrzeugführenden (Tf)) sich der Aufgabe stellte, ein zeitgemäßes Zukunftsbild für die Lokführenden zu gestalten.

An dieser Stelle kam and dos Santos ins Spiel. Der Think Tank befähigt Organisation von innen heraus zu wachsen, bewusst zukunftssicher zu werden und die vielfältigen technologischen und kulturellen Herausforderungen des Wandels zu meistern. Dazu bietet er einen Zugang zum Wissen internationaler Meinungsführenden aus Wirtschaft, Wissenschaft, Technologie und Kultur und vereint es mit dem Wissen der Kund*innen zu einem „collective genius“. Ganz konkret bedeutet dieses, dass die Mitarbeitenden aus den betroffenen Bereichen auf Startup-Gründer*innen, Professor*innen führender Universitäten, HighTech-Expert*innen oder auch Academy Award-Gewinner*innen treffen, um die Lösungen für die Transformation gemeinsam zu entwickeln und umzusetzen. Genau das geschah auch im Rahmen des Projekts „Arbeitgeber der Zukunft“.

Nach einer intensiven Analysephase versammelte and dos Santos ein Team hochqualifizierter, kultureller Vordenker*innen und internationaler Innovationsexpert*innen für eine Reihe von Workbench Labs (Design Thinking Workshop-Formate). Während dieser intensiven Programme – die jeweils etwa 9 Wochen dauern – arbeitete dieses hochkarätig besetzte Kollektiv mit einem Kernteam von Lokführer*innen und Manager*innen der DB Fernverkehr zusammen, um Antworten auf die folgenden Fragen zu erarbeiten:

- Wie sieht das zukünftige Berufsbild der Lokführer*innen aus?

- Wie wollen sie lernen und sich im Unternehmen entwickeln und was sind ihre Erwartungen?

- Wie kann die Attraktivität und Funktionalität von Arbeitsplätzen für künftige Lokführer*innen und Bahnmitarbeitende erhöht werden?

- Wie werden die Werte der Bahnfamilie in die Praxis umgesetzt?

- Wer sind die Lokführer*innen der Zukunft und wo arbeiten sie?

Der Führerraum der Zukunft
Skizze für die Einsatzstelle der Zukunft

Treibende Kraft bei der Beantwortung dieser Fragen ist, dass der Schienenverkehr immer mehr in den Fokus der Gesellschaft rückt, da das Bedürfnis nach nachhaltiger Mobilität nach umweltfreundlicheren Alternativen zum Auto und zu Kurzstreckenflügen suchen lässt. Dieser Mobilitätswende entgegen stehen jedoch der zunehmende Fachkräftemangel, die alternde Gesellschaft und die sich wandelnden Karriereerwartungen der jüngeren Generationen. Dabei dürfte auch eine Rolle spielen, dass aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung im Schienenverkehr eine gewisse Unsicherheit darüber besteht, wie lange das Berufsbild des Tf noch Bestand haben wird.

Benötigt werden daher innovative Arbeitsplatzkonzepte, welche die Bedürfnisse und Motivationen sowohl der älteren als auch der jüngeren Generation berücksichtigen und in denen neben Effektivität und Effizienz auch Wertschätzung und Gemeinschaft, Transparenz, Partizipation und individuelle Persönlichkeitsentwicklung eine wichtige Rolle spielen.

Das zukünftige Bild von Lokführerinnen, die ganz natürlich und nahtlos mit der Maschine interagieren, wird vielleicht am besten vom Gründer und CEO des KI-Unternehmens Kernel, Bryan Johnson, beschrieben: „Die Beziehung zwischen Menschen und künstlicher Intelligenz muss irgendwann eine Symbiose sein“. Darüber hinaus wurden folgende ganzheitliche Strategien, innovative Lösungen und detaillierte Konzepte erarbeitet:

- Die Lokführer*innen der Zukunft

- Der Führerraum der Zukunft für die nächste ICE Generation

- Die Einsatzstellen der Zukunft

Die Lokführer*innen der Zukunft

Die ausschlaggebenden Faktoren für die Entwicklung neuer Berufsbilder sind der massive Fachkräftemangel und die Digitalisierung der Arbeitsplätze, die in die Tätigkeiten einfließt. Deshalb war es von hoher Bedeutung konkrete Maßnahmen zur Qualifizierung und Nachwuchsförderung zu konzipieren, um die notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten für die Lokführenden zu gewährleisten.

Das Team begann mit der Erstellung verschiedener Personas, um das Spektrum der Schmerzpunkte und Motivationen für ein langfristiges Engagement der Beschäftigten zu berücksichtigen und gleichzeitig die Unternehmenswerte der DB mit den Bedürfnissen und Erwartungen der Beschäftigten in Einklang zu bringen. Auf der Grundlage dieses Ergebnisses verlagerte sich der Fokus dann auf Führungs- und Lernplattformen, welche aktive Beteiligung, Transparenz und Community Building unter den Tf fördern können.

Der Führerraum der Zukunft

Für den physischen Arbeitsbereich der Tf entwickelte das Team als nächstes ein Konzept für den Führerraum der geplanten ICE Generation für 2031, ein hochmodernes Design, das zwischenzeitlich als potenzielle Grundlage für Hochgeschwindigkeitszüge in ganz Europa anerkannt ist. Dieses Konzept hat die Vision von Lokführer*innen zum Leben erweckt, die:  

- sicher und einfach auf ihren Arbeitsplatz zugreifen und ihre Aufgaben erledigen können, indem sie digital durch modernste Technologieunterstützt werden von der biometrischen Autorisierung bis hin zur Bedienung der Zugsteuerungssysteme über mobile Geräte

- ihr körperliches Wohlbefinden und ihr Aufmerksamkeit auch während langer Schichten aufrecht- erhalten können, unterstützt durch eine auf den Menschen ausgerichtete ganzheitliche Gestaltung des Arbeitsplatzes (wie Beleuchtung, Sitze, Belüftung und Kontrollanzeigen)

- mit Kolleginnen und Leitstellen in Echtzeit über IOT-basierte Konnektivität kommunizieren, um eine reibungslose Navigation zu gewährleisten, umweltbedingte, infrastrukturelle oder technische Störungen so effizient wie möglich zu bewältigen und die Pünktlichkeit und Genauigkeit des Zugbetriebs sicherzustellen

- die Effizienz und das Zeitmanagement z.B. durch Digital Twins für Wartungsarbeiten als auch digitale Check-Listen und smarte Systemanweisungen verbessert.

Die Einsatzstelle der Zukunft

Das dritte Themenfeld konzentrierte sich auf die Einsatzstelle, wo sich die Lokführer*innen zwischen ihren Langstreckenschichten ausruhen, trainieren und mit Kolleg*innen austauschen. Hier entwickelte das Team eine ganzheitliche Lösung, die nicht nur die physischen Bedürfnisse der Beschäftigten erfüllt – wie ausgewogene Ernährung oder bequeme Ruheräume, sondern auch ihr mentales und emotionales Wohlbefinden fördert. Neue Kommunikationsmittel, die in das Design integriert sind, bieten den Beschäftigten die Möglichkeit, in diesem Raum nicht nur zu arbeiten und zu lernen, sie unterstützen sie vor allem dabei, ihre starke Gemeinschaft zu leben.

Dieses innovative Konzept wurde bereits mit der Eröffnung einer neuen Einsatzstelle der DB-Fernverkehr in Mannheim umgesetzt und erntete viel Lob von Mitarbeitenden und Management. Dieser neue Standort schafft nicht nur zusätzliche Arbeitsplätze. Er ist ein Prototyp für alle anderen Standorte. Getreu dem Motto „Begeisterung schaffen, sobald man reinkommt“, entsteht Begegnungsraum für die Mitarbeiter, wo sie sich austauschen und entspannen, aber vor allem wohlfühlen können.

Eingangsraum der Einsatzstelle von DB Fernverkehr in Mannheim
Das Ergebnis schlägt Wellen

Die Lösungen, insbesondere das Konzept für den Führerraum der nächsten ICE Generation, haben großes Potenzial für eine europaweite Anwendung und die Arbeit an der Realisierung hat bereits begonnen. Ausgehend von einem Artikel, der bereits 2021 in Deine Bahn veröffentlicht wurde, wuchs das Interesse an diesem Konzept unter den Zugdesigner*innen.

So gingen Vertreterinnen des Projektteams auf dem RedCabin European Railway Innovation Interior Summit 2022 der Frage nach: „Wie wirkt sich der kulturelle und digitale Wandel auf unsere Arbeitsplätze und Arbeitsbereiche aus?“ Anhand des Konzepts des Arbeitsplatzes der Zukunft beleuchteten sie die Veränderungen, mit denen Tf in ganz Europa konfrontiert sind, sowie ihren Bedarf an besserer Konnektivität und operationaler Exzellenz im Zusammenspiel mit verschiedenen Gewerken auf der Schiene.

Bei der InnoTrans 2022 luden leitende Ingenieure von Siemens Mobility in die High Speed Experience Lounge ein, um sich gemeinsam Gedanken um das Erlebnis der Tf an Bord des Zuges zu machen, dass ihre Erfahrungen mit denen der Fahrgäste hinsichtlich Komforts und Einfachheit eng verknüpft.

Ausblick

Und wie sieht es mit den anderen, operationalen Bereichen bei der DB-Fernverkehr aus? ... and dos Santos wurde zwischenzeitlich beauftragt, auch das „Berufsbild der Zukunft“ für die über 8.000 Beschäftigten des Bordservice zu entwickeln. Angetrieben von der Vision, die Basis für motivierte und einfühlsame Mitarbeitende zu schaffen, deren Kompetenz, Effizienz und Zufriedenheit die Fahrgäste begeistert und im harmonischen Zusammenspiel mit vielen arbeitserleichternden digitalen Services das Reiseerlebnis deutlich optimiert.

Alle Beteiligten sind gespannt, wie sich die Ergebnisse auf die Qualität der Dienstleistungen in den Zügen, die Arbeitswelt Tausender von Beschäftigten und die Erfahrungen von Millionen von Fahrgästen, die mit der Bahn durch Europa reisen, weiter auswirken wird.

Quelle: "Deine Bahn" Magazin, Ausgabe 07/2023

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